Dunkle Momente am Ischler Salzberg: Kunstgüterbergung 1944/45
1. Ischler Salzberg wird Bergungsort:
Der während des II Weltkrieges zuständige Gaukonservator für Oberdonau und spätere Landeskonservator für Oberösterreich, Franz Juraschek, hat neben Aussee auch den Ischler Salzberg als Bergungsort für gefährdete Kunstschätze vorgeschlagen.
Besonders nachdem das Salzbergwerk Altaussee zum „Bergungsort des Reiches“ und speziell für Objekte des „Führermuseums“ in Linz vorgesehen war, versuchten Franz Juraschek und Hermann Seiberl,Leiter des Institutes für Denkmalpflege in Wien, und Hans Dellbrügge, Regierungspräsident in Wien, in den Erbstollen bei Bad Ischl auszuweichen.
Kaiser Franz Josef – Erbstollen, Kunstgütertransport, 1944, Archiv Salinen Austria
Kunstgütertransport, 1944, Archiv Salinen Austria
2. Einlagerungsorte:
Für die Einlagerungen waren vorhandene und neue Bergungsräume im Erbstollen und im I. und II. Blindhorizont vorgesehen.
Der I. und II. Blindhorizont wurden über den Distler Schacht vom Erbstollen und von Perneck, vom Leopoldstollen, erreicht. Aufgrund der leichteren Anlieferung zum Erbstollen wurden alle Einlagerungen über diesen durchgeführt.
Im I. Blindhorizont wurde das Werk XII mit 1100 Quadratmeter für Einlagerungen freigegeben.
Plan Bergung: I. Blindhorizont 1944, Bundesarchiv Deutschland
Ein neuer Lagerraum wurde für Einlagerungen im Erbstollen bei Streckenmeter 250 ausgesprengt. Dieser war aber nicht durchlüftet und nicht im Salzstock angelegt und deshalb feucht! Dieser wäre für großformatige Einlagerungen des Sonderstabes Rosenberg, Führersammlung, vorgesehen gewesen.
Reimer, Sonderbeauftragter Hitlers, verzichtete aber danach auf diese Räume und ermöglichte somit die Einlagerung der Wiener Sammlungen.
Außerdem wurde das Sprengmitteldepot bei Streckenmeter 500 geräumt und für Einlagerungen freigegeben.
Plan Bergung: Neue Bergungsräume und frühere Sprengmitteldepot im Erbstollen 1944, Bundesarchiv Deutschland
Im II. Blindhorizont wurde der sogenannte Bahnhof, der zum Verschub der Grubenbahn diente, für die Bergung vorbereitet. Ein vom I. zum II. Blindhorizont führender Schurf, wurde später verschüttet, damit niemand ungebeten die Lagerräume erreichen konnte. Anfang 1945 war der „Bahnhof“ so verkleidet, dass nur ein Gleis frei blieb. Der übrige Raum war für die Lagerung von Gemälden vorgesehen. Er wurde an beiden Enden mit schweren hölzernen Bohlentüren verschlossen. Das machte den Eingang absolut sicher. Nur die Lüftungsrohre blieben frei.
Plan Bergung: II. Blindhorizont 1944, Bundesarchiv Deutschland
Plan Bergung, 1944 Archiv Salinen Austria
Schachtmaschine Distlerschacht: Alle Kunstgegenstände wurden damit in den I. und II. Blindhorizont transportiert, 1940 Archiv Salinen Austria
In der Endphase des Krieges wurden auch Lagerbereiche in der Ischler Saline verwendet: Zum Beispiel wurden am 27.3.1945 Bilder von Cassone aus der Sammlung Lanzkoronski hier eingelagert.
Zur Vorgeschichte der Sammlung Lanzkoronski:
Das Vermögen und auch die hochbedeutende Kunstsammlung des polnischen Staatsangehörigen Anton Lanzkoronski wurde unter Berufung auf eine “Verordnung über Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates” beschlagnahmt und vom zuständigen Staatskommissar in Wien übernommen.
Im ehemaligen Hotel Grüner Baum, Bad Ischl, wurden zu Kriegsende Kunstgüter aus Altausse eingelagert, um der befürchteten Zerstörung zu entgehen.
Ein anderes Lager war die Villa Castiglioni am Grundlsee: hier wurde ein Teil der Bibliothek Hitlers eingelagert.
Schloss Kogl bei Attersee war ein Lagerort für Kunstgüter, die Alfred Rosenberg für sich selbst reserviert hatte.
3. Eingelagerte Kunstschätze:
Ab Nov. 1944 wurde beschlossen, die Wiener Sammlungen im Ischler Salzberg einzulagern. Es bestand die Gefahr, dass die Lagerräume der Sammlungen bei der Belagerung von Wien, von der SS gesprengt werden könnten, was in Budapest schon vorbereitet und teilweise durchgeführt worden war.
Die Tagesberichte aus Lauffen setzten mit 9. Dezember 1944 mit dem Eintreffen der Restauratoren Josef Hajsinek von Wien und Franz Sochor von Kremsmünster ein. Der erste Transport traf mit 12. Dezember 1944 in Lauffen ein. Fast alle Wiener Sammlungen verlagerten Bergungsgut in den Ischler Salzberg.
Seitens der Reichstatthalterei zu Wien wurde Gert Adriani zum Leiter der Bergung ernannt. Aber nach einem fatalen Missgeschick wurde er von Viktor Luithlen, Leiter der Sammlung alter Musikinstrumente, ersetzt. Dieser blieb dies bis zum Ende der Auslagerungen 1947. Der Bergungsleiter hatte die Aufgabe, regelmäßig die Bergung zu kontrollieren und den Kontakt zu Salinendirektor Emmerich Pöchmüller aufrecht zu halten.
Gert Adriani, KHM Museumsverband
Viktor Luithlen, KHM Museumsverband
Zwischen Ausseer und Ischler Bergung bestand somit ein gravierender Unterschied. In Ischl war die Wiener Reichstatthalterei für die im Staatsbesitz befindlichen Kunstgüter oberste Instanz. In Aussee war es nicht so eindeutig. Reichsleiter Alfred Rosenberg und weitere Bevollmächtigte Hitlers erteilten die Befehle betreffend der in Aussee eingelagerten „Führersammlung“. Mit ihrer Unerreichbarkeit in den letzten Kriegsmonaten ergab sich nun ein „Vakuum“ in der rechtlichen Zuständigkeit ebenso wie bezüglich der Verwaltung.
Impressionen von den Einlagerungsarbeiten:
Kaiser Franz Josef – Erbstollen, Kunstgütertransport, 1944/45, Archiv Alois Lackner, Lauffen
Kaiser Franz Josef – Erbstollen, Kunstgütertransport, 1944/45, Archiv Alois Lackner, Lauffen
Kaiser Franz Josef – Erbstollen, Kunstgütertransport, 1944/45, Archiv Alois Lackner, Lauffen
Kaiser Franz Josef – Erbstollen, Kunstgütertransport, 1944/45, Archiv Alois Lackner, Lauffen
Kunstgutdepot 2. Blindhorizont, 1986, Katharina Hammer Glanz im Dunkel
Aus fast allen, vormals österreichischen, Sammlungen stammten Schätze:
In erster Linie waren die besten und hochwertigsten Objekte des Kunsthistorischen Museums eingelagert: Gemälde, Sammlungen für Plastik und Kunstgewerbe, Objekte der antiken Sammlung sowie der ägyptischen Sammlung.
Glas und Porzellan, sowie besondere Teppiche des Kunstgewerbemuseums. Bilder aus der Galerie des 19. Jahrhunderts und aus der Galerie der Akademie der Bildenden Künste. Die wertvollsten Bestände der Albertina. Die Handschriftensammlung der Nationalbibliothek. Bestände aus dem Völkerkundemuseum. Aus dem Naturhistorischen Museum wurden wertvolle Mineralien, die prähistorische Sammlung und die zoologische Sammlung geliefert.
Bilder von so bedeutenden Künstlern wie Rembrandt, Raffael, Brueghels, Albrecht Dürer, Jan van Eycks, Rubens und auch von „modernen“ Malern wie Munch, Monet, Klimt und Kokoschka wurden in Ischl eingelagert. Daneben aus den Antikensammlungen die Goldschatzfunde, Elfenbeine, Vasen, Schmuck und Statuetten.
Eine kleine Auswahl welch unschätzbar wertvollen Kunstgegenstände im Ischler Salzberg eingelagert waren:
Turmbau zu Babel
Venus von Willendorf, ca. 30.000 Jahre alt
Bauerntanz
Pieter Bruegel der Ältere, 1525/30
Requiem in d-Moll (KV 626) aus dem Jahr 1791 ist Wolfgang Amadeus Mozarts letzte Komposition
Madonna im Grünen
Raffael Santi, 1505–1506
Tassilokelch aus dem Jahre 777
Eine besondere Bewandtnis hatte es auch mit dem „Tassilokelch“ aus dem Stift Kremsmünster:
Offiziell war er in der Bergung Altaussee untergebracht. Aber nachdem diese seit 1943 als offizieller Bergungsort für die Hitlersammlung galt, wurde er heimlich von Gaukonservator Franz Juraschek im Ischler Salzberg eingelagert.
Am 17.3.1945 wurde die Liechtensteinische Gemäldegalerie (344 Bilder) übernommen. Diese waren aber nur kurz im Erbstollen untergebracht – am 29.3. 1945 wurden diese wieder vom Direktor der Liechtensteinischen Gemäldegalerie rückübernommen und zur Insel Reichenau am Bodensee transportiert. Zu Recht hatte man bedenken, dass in den letzten Kriegstagen die Schätze zerstört oder geraubt werden könnten.
Am 18. April 1945 trat in der Generaldirektion der Salinen ein Krisenstab zusammen, um jene Maßnahmen zu besprechen, die nötig seien, um der Ischler Bergung die Einlagerung einer Bombe wie in Altaussee zu ersparen.
In der Zwischenzeit spitzte sich die Lage auch in Ischl / Lauffen dramatisch zu. Hier waren zwischen 20. und 25. April 1945 insgesamt 928 Bilder verschiedenster Herkunft aus der Kartause Gaming (Niederösterreich) eingetroffen. Die Gemälde waren auf Befehl Hermann Stuppäcks, Generalkulturreferent des Reichsstatthalters Baldur von Schirach, in Gaming in höchster Eile "ohne irgendwelche Rücksichtnahme und ohne die geringste Sorgfalt kunterbunt durcheinander in die Wagen geworfen worden ". Auf Grund der ,,barbarischen" Art des Transportes kamen zahlreiche Bilder " durchlöchert, abgerissen, überdies feucht oder sonst beschädigt in Bad Ischl/Lauffen an. Und in weiterer Folge mussten die Bilder, weil ihre Ankunft in Lauffen nicht angekündigt war, in einem feuchten, ungeeigneten Bergeraum im Erbstollen eingelagert werden!
Alfred Rosenberg
Rosenberg war ein führender NSDAP Ideologe und leitete ab 1940 den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) – Ermächtigt für Beschlagnahmung von Kunstschätzen der Ostgebiete. Ab 1941 war er Reichsminister für die besetzten Ostgebiete. Somit war er mitverantwortlich für die Ghettoisierung und systematischen Vernichtung der Juden und wurde dafür auch im Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt.
Rosenberg hatte auch im beschlagnahmten Stift St. Florian viele der geplünderten Sammlungen / Archive und Bibliotheken einlagern lassen. Als dieser Bergungsort aufgrund der Luftangriffe nicht mehr als sicher angesehen wurde, wurden diese Objekte zusammen mit wertvollem Kulturgut des Stiftes St. Florian nach Altaussee verbracht.
1945, in den letzten Kriegsmonaten, war die Gefahr einer Zerstörung der Kunstschätze im Altausseer Salzberg, wegen der von Gauleiter August Eigruber angeordneten Einlagerung von Bomben, groß. Auf Initiative des Ausseer Restaurators Hermann Seiberl wurde deshalb am 27. April 1945 eine Umlagerung von Kulturgut des Stiftes St. Florian vom Salzberg Altaussee zum Ischler Salzberg organisiert. Diese Kunstschätze wurden wegen Personalmangel im Ischler Salzberg vorübergehend im ehemaligen Hotel Grüner Baum, Grazerstraße Nr. 39 in Bad Ischl eingelagert.
4. Erste Entführung:
Am 25. April traf Hermann Stuppäck mit dem Auftrag Baldur v. Schirachs, Reichsverteidigungskommisar, in Bad Ischl ein, das alle eingelagerten Rembrandt-Bilder unverzüglich ausgefolgt und weiter nach Westen transportiert werden sollten. Eindringlich wurde Hermann Stuppäck nahegelegt, dass in diesen Kriegswirrnissen ein Abtransport absolut nicht ratsam wäre. Schlussendlich wurde ein Kompromiss gefunden und Hermann Stuppäck nahm „nur“ 4 Bilder, unter anderem das kleine Selbstbildnis von Rembrandt, mit. Mit diesen Bildern fuhr er nach Gmunden und übergab sie an Schirach, der aus Wien dorthin geflüchtet war.
5. Zweite Entführung:
Am Sonntag, 29.4.1945, wurde Hermann Michel, ehemaliger Direktor am Naturhistorischen Museum, Wien, durch ein vereinbartes Stichwort von Freiheitskämpfern nach Perneck gerufen. Dort erfuhr er vom Bergmeister, dass 6 Offiziere mit 20 Mann bei den Stolleneingängen in Perneck eintreffen sollten und diese bewachen werden. Gleichzeitig würde eine gleichgroße Mannschaft auch beim Erbstollen eintreffen. Tatsächlich erschienen Offizieren und Soldaten der "Kampftruppe Fabian" von der SS-Panzerdivision "Großdeutschland" am Abend des 30. April und forderten, dass am 1. Mai die Kunstgüter aus dem Berg geliefert werden sollten. Aber auch 1945 war der 1. Mai „Tag der Arbeit“ und somit ein Feiertag für die Belegschaft des Salzberges!
Am 2. Mai verweigerte Bergrat Paul Lepez, Betriebsleiter des Ischler Salzbergbaues, dem SS-Kommandeur, Leutnant Kahles, die Beistellung der Grubenlokomotive, der Fördermaschine und der Bergarbeiter unter dem Vorwand, dass vom Kommando der Waffen-SS kein entsprechender klarer schriftlicher Befehl vorläge. Unter Androhung von Waffengebrauch fuhr der Hauptmann wutschnaubend nach Gmunden, um sich die nötigen Vollmachten zu verschaffen. Damit war wieder kostbar Zeit gewonnen worden.
Am 3. Mai mussten aber die von Baldur v. Schirachs und Hermann Stuppäck gewünschten 184 Gemälde - unter ihnen sämtliche Bilder Rembrandts, P. Bruegels d. Ä., Tizians und Velazquez, 49 Gobelinsäcke und zwei weitere Kisten auf die wartenden Lastkraftwagen verladen werden.
Salinendirektor Emmerich Pöchmüller hatte noch vorgeschlagen, das Bergegut im Salzberg Hallein unterzubringen, was aber Hermann Stuppäck ablehnte, da er den Auftrag hatte, einen neuen Ort noch weiter westlich finden.
Es stellte sich dabei heraus, dass eine ganze Reihe der Hauptstücke der Wiener Gemäldegalerie auf diese Weise entführt werden sollten.
Man arbeitete bis tief in die Nacht. Der Marschbefehl erfolgte am 4. Mai. Um 4 Uhr früh verließ der Konvoi mit den Restauratoren Josef Hajsinek und Franz Sochor Bad Ischl in Richtung Mittersill. Dieser traf am Abend desselben Tages in Bramberg im Salzburger Pinzgau ein, wo Hermann Stuppäck den Transport schon erwartete. Doch noch war die Irrfahrt der Kunstschätze nicht beendet. Schon am nächsten Tag mussten die Gemälde, Kisten und Gobelinsäcke auf Befehl von Major Fabian neuerlich auf die Lastkraftwagen verladen werden. Der Transport durfte nur von Offizieren begleitet werden. Franz Sochor und Josef Hajsinek blieben in Bramberg, wo sie Verbindung mit der vorrückenden amerikanischen Armee aufnahmen und den Vorfall zur Anzeige brachten.
Alle Kulturgüter wurden in den darauffolgenden Tagen von den Amerikanern in St. Johann in Tirol aufgefunden und von Militärpersonen bewacht, in der Saline in Hallein eingelagert.
6. Sperre der Bergung im Ischler Salzberg
Unter dem Eindruck dieser Plünderungsaktion entschloss man sich seitens des Ischler-Bergungspersonals und der Salinenleitung die Bergung vollkommen unzugänglich zu machen. Das „Füllort“ des Distlerschachtes im Erbstollen soll vollkommen mit Gestein zugeschüttet, „verstürzt“ werden. Den Aufzug will man bis zur Decke des Leopold Horizontes, also bis zu seinem obersten Endpunkt hinaufziehen und dort stilllegen. Die Treppen, die neben dem Aufzug hinaufführen, die sogenannten „Fahrten“, sollen unter- und oberhalb des I. und II. Tiefbaus herausgerissen und die Verschüttung des Schurfes zwischen I. und II. Tiefbau verstärkt werden. Diese Arbeiten wurden bis 5. Mai 1945 fertiggestellt.
Der Endstand der Ischler Bergung betrug nach der letzten Einlagerung am 31. März 1945: 8 Figuren, 1428 Gemälde, 122 Säcke mit Gobelins, 278 Mappenkisten mit Katasterkarten und 728 Kisten. Insgesamt 150 Tonnen Bergungsgut.
Eine Episode aus den letzten Kriegstagen im Salzkammergut:
Eine SS-Militärkolonne flüchtete von der Burg Busau (heute Burg Bouzov, in Tschechien gelegen), nachdem diese das Nachbardorf Jaworitsch niedergebrannt und alle anwesenden Männer erschossen hatten, mit allen Wertgegenständen der Burg Richtung Oberösterreich. Von Gmunden fuhr ein Traktor mit Anhänger, voll beladen mit Kunstgüter, weiter Richtung Hallstatt und Obertraun. Ziel war Bad Aussee. Aber die schlechten Straßenverhältnisse am Koppenpass stoppte die Weiterreise. Kurzerhand wurden alle Kunstgüter in einem Haus in Obertraun eingelagert. Danach flüchteten die SS-Männer Richtung Deutschland. In weiterer Folge wurden die Kunstgegenstände nach einer Anzeige von Hallstätter Gendarmen am 1. Juni 1945 sichergestellt.
7. Die Befreiung:
Am 13 Mai 1945 kamen US-Amerikanische Truppen in Bad Ischl an, die die Kontrolle über den Bergungsort übernahmen. Victor Luithelen gelang es mit seinem Verhandlungsgeschick die Amerikaner davon zu überzeugen, dass die Bergung Ischl, die ja nur österreichisches Kulturgut beherbergte, nichts mit der in Aussee eingelagerten Führersammlung zu tun hatte und von dieser getrennt zu behandeln war.
Am 1. Juni 1945 konnten mit Erlaubnis der Besatzer, unter österreichischer Leitung, die Arbeiten zur Freilegung der Schätze im Salzbergwerk begonnen werden. Und zwar im Erbstollen und im Werk XII im I. Blindhorizont. Der II. Blindhorizont blieb zunächst noch verschüttet, aber auch seine Öffnung wurde bald darauf in Angriff genommen. Am 13. Juni 1945 war dann auch die Hauptbergung am „Bahnhof“ im II. Blindhorizont wieder zugänglich. Es erwies sich, dass das Bergungsgut sich in ausgezeichnetem Zustand befand, mit Ausnahme eines verschollenen Bildes, eines Blumenstraußes von Jan Brueghel d. Ä., das später in einer Privatwohnung in München wiederauftauchte und 1959 nach einem Gerichtsurteil wieder ins Kunsthistorische Museum zurückkam.
m.
Am 11. Juli 1945 erschien „Monuments Man“ Lieutenant Frederick Shrady in Bad Ischl und kündigte an, dass die im ehemaligen Hotel Grüner Baum, Grazerstraße Nr. 39, und in der Kaiservilla gelagerten Objekte, nach München zum „Central Collection Point“ gebracht werden würden.
Lieutenant Frederick Shrady, Internet
Am 7. August 1946 erfolgte der erste große Rücktransport von Ischl nach Wien für eine Ausstellung in der Schweiz.
Am 25. April 1947 verließ der letzte große Transport mit Kunstgütern den Salzberg von Ischl. Nach einer Kontrolle der Räume in Gegenwart des Gendarmerie - Kommandanten erfolgte die Schlusskommissionierung und die Salinendirektion übernahm wieder die alleinige Aufsicht über den Berg.
Die Bergung Ischler Salzberg war ohne größere Verluste vor sich gegangen. Einzig der Verlust von 7 Bildern aus dem Kunsthistorische Museum musste beklagt werden, die auch heute noch als verschollen gelten:
Landschaft von Nicolaes Berchem (GG 623), Der Maler Jan Wildens von Anthonis van Dyck (GG 694), ein Weibliches Bildnis von Peter Paul Rubens (GG 711), von Maerten van Heemskerck Hoffnung (GG 1946) und
Glaube (GG 1953.), eine venezianische Deckenskizze (GG 6398), sowie eine Leihgabe waren bei der Generalkontrolle am 26. April 1945 noch vorhanden gewesen.
Katharina Hammer schreibt in ihrem Buch „Glanz im Dunkel“ über die mit der Bergung betrauten Personen:
"Was diese Leute – und das gilt auch für die in Ischl mit der Bergung befassten – geleistet haben, war eindeutig „Widerstand“, zwar nicht aus politischen Motiven, wohl aber gegen die lokalen politischen Machthaber, und dies zu einer Zeit des Standrechts und zunehmender Brutalität zur Verteidigung zerfallender Strukturen. „Die Aktivitäten wurden dabei von der Salinendirektion unter Dr. Pöchmüller und von der Betriebsleitung des Bergwerks und seiner Belegschaft durchgeführt, mit Unterstützung durch die Mitglieder der Bergungsmannschaft."
Text: Franz Kranabitl
Verwendete Quellen:
Katharina Hammer „Glanz im Dunkel“, Altaussee 1996
Franz Juraschek „Heimatblätter Oberösterreich“, Linz 1947
Britischer Informationsdienst „Weltpresse“, 9. Juli 1947
Salzkammergutzeitung, 6.1.1946
Wiener Kurier, 19.11.1945
Sabine Loitfellner, Pia Schölnberger „Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus: Mythen - Hintergründe – Auswirkungen“, 18.4.2016
Theodor Brückler, Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute, 1999
Deutsches Staatsarchiv – Alpenländische Salinen 1941 - 1945