21 Der Moosberg – Stollen
angeschlagen: 1577 (gemeinsam mit Matthias-Stollen)
verlassen: 1586 eingestellt, 1690 verlassen
Meereshöhe: 625 Meter (m)
Gesamtlänge 312 Stabel (372 Meter)
Werker: nur seitwärts betriebene Hoffnungsschläge und Sinkwerke
Namensgebung: damalige Gebietsbezeichnung obere Mooseck, heute Obereck
Mit den ersten, am Ischler Salzberg angeschlagenen Stollen konnten sowohl im Lauffner Salzstock (1563 Mitterberg-Stollen, 1567 Alter Steinberg-Stollen) als auch im Pernecker Salzstock (1567 Lipplesgraben-Stollen, ursprünglich Obernberg-Stollen) nur kurze und arme Salzmittel aufgefahren werden. Deshalb wurde ab 1577 eine intensive Suche nach weiteren Salzlagern am Ischler Salzberg begonnen.
Detaillierte Informationen über die intensive Salzsuche dieser Zeit findet man in der Salinen-Geschichte Oberösterreichs von Anton Dicklberger aus dem Jahr 1817.
Auf Befehl des Salzamtmannes Christoph Haiden wurde am 31. Oktober 1577 von salzbergbaukundigen Beamten eine Beschau am Ischler Salzberg abgehalten.
Im Rahmen der Beschau wurde ein, 1577 am obern Moosegg im Wald des Hans Reicher zur Untersuchung einer gesalzenen Lacke angeschlagener, neuer Stollen befahren. Dieser durchörterte jedoch bei 10 Stabel (11,9 m) Gesamtlänge nur 3 Stabel (3,6 m) gut gesalzenes Mittel, das auch saures Wasser führte.
1577 erhielt der neue Stollen den Namen Moosberg-Stollen.
1580 wurde unter Salzamtmann Christoph Haiden neuerlich eine Beschau am Ischler Salzberg vorgenommen. Dabei wurde auch über den weiteren Vortrieb des Feldortes der Hauptschachtricht des Moosberg-Stollens beratschlagt, da in diesem Stollen erst 11 Stabel (13,1 m) gesalzenes Gebirge aufgeschlossen wurden.
1583 wurde bei der vierteljährig abgehaltenen Häuer-Abmaß beschlossen, im Moosberg-Stollen, wo die Hauptschachtricht noch immer im tauben Gebirge vergeblich weiter betrieben worden war, zur Aufsuchung des Salzlagers, das vorne angetroffene, 11 Stabel (13,1 m) langen Salzmittel auszulängen und das selbe mit einem Sinkwerk in die Tiefe zu untersuchen.
1584 wurden zur Festlegung von Regeln in Hinblick auf einen zweckmäßigen Aufschluss des Ischler Salzberges sogar zwei Beschauen vorgenommen.
Obwohl im Moosberg-Stollen, außer dem 11 Stabel (13,1 m) langen Salzmittel, durch alle seitwärts und in der Tiefe betriebenen Hoffnungsschläge bisher kein weiteres Salzgebirge gefunden werden konnte, beschlossen die Beschauleute, trotz dieser Umstände, den vorteilhaft gelegenen Stollen weiter zu betreiben. Wegen der ober Tage als auch im Innern des Stollens gefundenen Salzspuren gab man die Hoffnung zur Auffindung eines reichen Kerngebirges nicht auf und verfügte, dass das verlassene Feldort der Hauptschachtricht nach Stunde zwölf (Richtung Süden) gegen den Rücken des Berges fortgesetzt werden sollte.
Im hoffnungsvoll weiter betriebenen Moosberg-Stollen kam es, am Feldort der Hauptschachtricht aus klüftigem Gestein, zu einem starken Wassereinbruch. Da mit den bisher am Ischler Salzberg angelegten Stollen die nötige Solemenge auf Dauer nicht produziert werden konnte und die Hoffnung im Moosberg-Stollen ein neues Salzlager zu finden aufgegeben werden musste, wurde 1584 beschlossen, einen neuen Untersuchungsstollen am Roßmoos anzuschlagen.
1584 schlugen die Beschauleute weiters vor, im nun schon seit 8 Jahren vergeblich betriebenen Moosberg-Stollen das Sinkwerk vom tiefsten Punkt um noch weitere 14 Stabel (16,8 m) gegen die Tiefe abzusenken
.
Die Beschauleute waren der Meinung dass im Bereich des Moosberg-Stollens ein vor langen Jahren in Benützung gestandener und nunmehr versottener Salzberg sei. Durch das weitere Absenken des Sinkwerks war man überzeugt in Bereiche des Salzgebirges zu kommen die vor langen Zeiten nicht erreicht werden konnten. Wider Erwarten wurde auch mit dieser neu abgeteuften Strecke kein anstehendes Salzgebirge aufgeschlossen.
Anton Dicklberger scheint die Vermutung eines alten Salzberges am Moosegg als sehr unwahrscheinlich. Beim Auffahren des Moosberg-Stollens wurden keine Spuren älterer, verlassener Baue aufgefunden. Obschon in einigen alten Urkunden eine Saline bei Ischl erwähnt wird, erscheint es Dicklberger wahrscheinlicher, dass diese nicht am Moosegg, sondern in Pfandl bei Ischl betrieben wurde.
Am 11. und 12. Februar 1586 wurde unter Beiziehung mehrerer bergverständiger Personen von den Salinen zu Hallstatt, Aussee und Ischl am Ischler Salzberg eine weitere Bergbeschau vorgenommen.
Da durch den vom Matthias-Stollen betriebenen Probeschurf das Salzgebirge über eine ganze Bergdicke anhaltend aufgefahren worden ist, wurden die, in Hinsicht auf den Erfolg mehr als ungewissen, neuen Schurfstollen am Moosegg und am Roßmoos endgültig eingestellt.
Der mit großen Hoffnungen zwischen 1577 und 1586 betriebene Moosberg-Stollen wurde auf vermutlich 120 Stabel (143 m) ausgelängt. Dabei konnten lediglich 11 Stabel (13,1 m) Salzmittel angetroffen werden.
Vermutlich war der Moosberg-Stollen in den nun folgenden 103 Jahren von 1586 bis 1690 mit Unterbrechungen belegt. Dabei wurde die Hauptschachtricht des Moosberg-Stollens mit kleinerem Profil um weitere 192 Stabel (228,9 m) auf insgesamt 312 Stabel (371,9 m) verlängert. Kurz vor dem 1692 erfolgten Anschlag des ebenfalls Richtung Lauffner Salzstock vorgetriebenen Rabenbrunn-Stollens wurde der Moosberg-Stollen 1690 endgültig verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Wegen der guten Standfestigkeit des anstehenden Gebirges hat sich ein großer Teil der Hauptschachtricht des Moosberg-Stollens bis in unsere Tage erhalten.
Der Moosberg-Stollen wurde bis in die 1970er Jahre von abenteuerlustigen Jugendlichen gerne besucht. Davon zeugen bis heute die Reste eines Floßes, das zum Überqueren des Wasserstaus gebaut wurde, sowie einige Unterschriften im tonigen Gebirge. Spätestens ab Mitte der 1980er Jahre war das Mundloch des Moosberg-Stollens komplett verrollt.
Im August 2018 legte Horst Feichtinger nach aufwendiger, händischer Grabarbeit den Stolleneingang wieder soweit frei, dass eine Befahrung ermöglicht wurde. Am 14. August 2018 erfolgte von Mitgliedern der IGM (Interessengemeinschaft Mitterbergstollen) sowie vom Grundeigentümer eine ausgedehnte Stollenbefahrung samt fotografischer Dokumentation der noch zugänglichen Grubenräume.
Der rund 430 Jahre alte Moosberg-Stollen ist das älteste, noch befahrbare Grubengebäude des Ischler Salzberges, das sich im Originalzustand befindet. Der in Schlägel und Eisenarbeit hergestellte Stollen ist mit seinen einzigartigen Sintergebilden für den Ischler Salzberg ein Montandenkmal ersten Ranges. Aufgrund der großen Bedeutung des Moosberg-Stollens wurde von der IGM im September 2018 beschlossen, die Hauptschachtricht bis zu den Versinterungen bei Stollenmeter (Stm.) 82 bis 92 auszuräumen und so auch für interessierte Besucher befahrbar zu machen.
Der zur Gänze handgeschrämmte, heute noch auf eine Länge von 221 m befahrbare Stollen wurde vom Anschlagspunkt auf 625 m Seehöhe in südöstlicher Richtung dem Bergrücken folgend vorgetrieben.
Das Regelprofil des Stollens beträgt rund 190 cm Streckenhöhe sowie 80 cm First- und 120 cm Sohlbreite.
Die ersten 7 Stm. mussten bei der Wiedergewältigung in Holzzimmerung hergestellt werden. Von Stm. 7 bis 25 ist der Stollen in standfesten Kalkschichten aufgefahren. Das Regelprofil beträgt im vorderen Stollenteil rund 1,9 m Streckhöhe sowie 0,8 m First- und 1,2 m Sohlbreite. Ab Stm. 25 gehen die Kalkschichten in die kieseligen, dickbankigen Mergelkalke der Rossfeldschichten über.
Die Sandsteine und Konglomerate der Rossfeld-Formation wurden in der frühen Kreide-Zeit vor rund 120 Mio. Jahren abgelagert. Bei der Ablagerung fanden gewaltige untermeerische Massenbewegungen mit Schlammlawinen und Schuttströmen statt. Die von den Geologen als Olisthostrome bezeichneten, schichtförmigen Einlagerungen mit chaotischem Gefüge aus älteren Kalkgeröllen und Haselgebirgstonen findet man auch im Moosberg-Stollen.
Bei Stm. 35 steht eine ca. 0,5 m mächtige tonige Einlagerung an. In dieser tonigen Brekzie findet man bläulich violette Tone, die auf ausgelaugtes Haselgebirge hinweisen. Die Einlagerung wurde im Zuge der ursprünglichen Stollenauffahrung bis in ca. 3 m Höhe ausgeräumt. Bei Stm. 39 findet man eine weitere tonige Einlagerung mit 1,8 m Gesamtmächtigkeit und schließlich bei Stm. 59 eine dritte, ebenfalls Haselgebirgstone führende Einlagerung mit ca. 1,0 m Mächtigkeit. Die im Bereich der letzten beiden Einlagerungen anstehenden dickbankigen Mergellagen sind stark versintert.
Die von Dicklberger angeführten Auslängen und Sinkwerke wurden vermutlich im Bereich dieser 3 Einlagerungen angelegt, da die ausgelaugten Haselgebirgstone als sicheres Zeichen für salzführendes Gebirge gedeutet wurden.
Ab Stm. 65 begann hinter einem Verbruchskegel ein ausgedehnter Wasserstau. In diesem Bereich fand man die Reste eines in den 1970er Jahren gebauten Floßes, das zur Überwindung des in regnerischen Zeiten bis zu 1 m tiefen Stollensees zum Einsatz kam. Auch misslungene Versuche den Stollensee auf Stelzen zu überwinden sind überliefert. Im Zuge der Gewältigungsarbeiten wurde der massive Verbruchskegel von Stm. 57 bis 65 komplett ausgeräumt und so der Wasserstau trockengelegt.
Ab Stm. 65 werden die anstehenden, standfesten Mergelschichten dünnbankiger. Die in diesem Bereich starke Wasserführung hat zu massiven Versinterungen geführt. Noch heute sind die als Schutz vor Tropfwasser von Stm. 82 bis 92 eingebauten Holzstempel gut erkennbar. Die Grubenhölzer haben sich in den Jahrhunderten größtenteils zersetzt, die beeindruckenden Sinterabdrücke sind jedoch bis heute erhalten geblieben. Aus den Ausbauresten lässt sich für diesen Streckenabschnitt ein Regelprofil von 1,7 m Streckenhöhe sowie 0,6 m First- und 1,0 m Sohlbreite rekonstruieren.
Ab Stm. 99 stehen dünnbankige Mergel- der Schrambachschichten an. Die Schrambachschichten wurden im Anschluss an die Rossfeldschichten ebenfalls in der frühen Kreide-Zeit abgelagert. Die rostbraun anwitternden Kalkmergel sind tektonisch stark überprägt. Deutlich erkennbare Harnischflächen sowie staffelweise auftretende Mylonitschichten geben Zeugnis massiver Gebirgsbewegungen. Wegen der Zerrüttung des Mergelgefüges treten ab Stm. 99 wieder vermehrt Streckenverbrüche auf. Ab Stm. 127 wird der Mergel in deutlich ungestörterer Lagerung wieder dickbankiger und somit auch standfester.
Bei Stm. 130 erfolgt ein deutlicher Streckenknick in Richtung Süden. Diese Richtungsänderung des Streckenvortriebes dürfte auf die Vorgaben der Beschau von 1584 zurückzuführen sein.
Aufgrund der nun wieder stärkeren Wasserführung findet man auf der Sohle ausgedehnte Sinterterrassen mit einigen Wassertümpeln. Teilweise sind deutlich erkennbare Spurnagelreste im Sinter vorhanden.
Bei Stm. 143 erfolgt auf beeindruckende Weise eine Verengung des aufgefahrenen Streckenprofiles auf 1,8 m Streckenhöhe sowie 0,6 m First- und 0,8 m Sohlbreite. Vermutlich wurde hier 1586 der Vortrieb der Hauptschachtricht des Moosberg-Stollens vorläufig beendet. In den darauffolgenden 104 Jahren bis zur endgültigen Stilllegung des Vortriebes 1690 wurde aus Kostengründen für den nun folgenden Stollenabschnitt das kleinere Streckenprofil gewählt.
Von Stm. 140 bis 197 stehen die standfesten, teils Hornstein führenden Kalke der 150 Mio. Jahre alten Oberalmerschichten aus der späten Jura-Zeit an.
Ab Stm. 197 findet man im Hangenden der Oberalmerkalke wieder Mergelschichten. Die ab nun anstehenden dickbankigen Mergelschichten sind tektonisch stark überprägt. Wegen der flachen Lagerung erfolgten an Mylonitschichten sowie an Kluftflächen massive Firstverbrüche.
Ab Stm. 221 ist die Strecke derzeit komplett verbrochen. Ein weiteres Vordringen in die noch rund 150 m lang aufgefahrene Hauptschachtricht des Moosberg-Stollens wäre erst nach aufwendigen Ausräum- und Sicherungsarbeiten möglich.
Obertägig ist nordwestlich des Mundloches noch deutlich die ausgedehnte Stollenhalde erkennbar. Diese ist bei durchschnittlich 2 m Kronenbreite fast 27 m lang und am Haldenende ca. 6 bis 7 m hoch.
Verwendete Quellen:
Dicklberger Anton, Systematische Geschichte der Salinen Oberösterreichs, I. Band, Ischl 1817, Transkription Thomas Nussbaumer, Weitra 2018.
Schraml Carl, Das oberösterreichische Salinenwesen vom Beginne des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, Wien 1932.
Schiendorfer Leopold, Perneck – Ein Dorf im Wandel der Zeit, Linz 2006.