Zeichen der Bergleute
Die Welt der Bergleute ist reich an Zeichen und Symbolen.
Bergwerkszeichen „Schlägel und Eisen“
Das Symbol des Bergbaus schlechthin ist das gekreuzte Bergwerkszeichen aus Schlägel und Eisen. Das Eisen ist ein einseitig zugespitzter, gestielter Eisenkeil zum Abschlagen des Gesteins. Der Schlägel ist ein schwerer Handfäustel. Die linke Hand des Knappen hielt das Eisen, seine Spitze wurde gegen die Abbaustelle gesetzt und mit dem von der rechten Hand geführten Schlägel hineingetrieben. Nach getaner Arbeit legte der Knappe das Eisen mit der Spitze nach rechts ab. Darüber kam gekreuzt nach links der Schlägel. Das so abgelegte Gezähe war ein Symbol für die in Verhieb stehende Ortsbrust.
Bis zur Einführung der Sprengarbeit im 17. Und 18. Jahrhundert waren Schlägel und Eisen das wichtigste Gezähe oder Werkzeug des Bergmanns.
Schlägel und Eisen werden als Symbol für Bergwerke seit dem 14. Jahrhundert verwendet.
Bergmannsgruß „Glück Auf“
Obwohl die Bergmannssprache bis ins Mittelalter zurückreicht, ist der Bergmannsgruß „Glück Auf“ erst im 17. Jahrhundert entstanden. Seine Wurzel dürfte im Wunsch „Das Glück schließt sich dir auf!“ liegen. Erzgänge sollen sich auftun, damit dem Bergmann ein reicher Bergsegen beschieden ist.
Die weitaus ältere Form des Bergmannsgrußes „Gott gibs!“ hat sich im Kärntner Erzbergbau bis in unsere Tage erhalten.
Bergmannstracht „Bergkittel“
Die Bergmannstracht war von jeher wichtig für die Selbstdarstellung der Bergleute an Festtagen. Die älteste Standeskleidung der Bergleute, die weiße oder maximilianische Tracht ist aus der Arbeistkleidung mittelalterlicher Bergleute hervorgegangen.
Sie bestand aus einem bis auf die Oberschenkel reichenden, hellen Bergkittel mit Kapuze und dem umgebundenen Arschleder. Helle, nicht eingefärbte Stoffe waren billiger und im Dunklen der Stollen besser sichtbar. Die Kapuze diente als Schutz für Kopf und Schultern. Das Arschleder schützte vor Nässe bei der oft im Sitzen zu verrichtenden Schlägelarbeit.
Die Einführung der heute üblichen schwarzen Bergmannstracht geht auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Per Verordnung wurde diese Tracht von der kaiserlichen Familie den Bergbeamten vorgeschrieben. Gründe dafür dürften sowohl modische Überlegungen als auch Disziplinierungsmaßnahmen gewesen sein.
Die heute übliche Bergmannstracht ist mit 3 Reihen Messingknöpfen, auf denen das Bergwerkszeichen „Schlägel und Eisen“ dargestellt ist, versehen. Weiters sind am Bergkittel Achselspangen mit dem Bergwerkszeichen angebracht.
Einige symbolische Komponenten sind sehr wichtig: Die 29 Knöpfe des Kittels werden den 29 Jahren der hl. Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute zugeschrieben. Die goldenen Knöpfe sollen die Sonne symbolisieren und das schwarze Tuch die Farbe der Nacht, dass heißt der Unter-Tage-Arbeit.
Der Bergkittel wird zu festlichen Anlässen wie Bergparaden, Barbarafeiern sowie zu Hochzeiten oder sonstigen Jubiläen getragen. Aber auch bei traurigen Anlässen wie Beerdigungen. Der Bergkittel begleitet seinen Besitzer von der Mutprobe des Ledersprungs bis zur letzten Grubenfahrt am Friedhof.
Arschleder und Ledersprung
Das Berg- oder Arschleder, auch kurz Leder genannt, ist als wichtiges bergmännisches Kleidungsstück mit viel Symbolik behaftet.
Es wird aus einem Stück schwarzen Kalbsleder halbrund herausgeschnitten und an einem Gürtel genäht. Der Gürtel hat eine Schließe die mit Schlägel und Eisen verziert ist. Das Arschleder sieht also am ersten Blick wie eine etwas zu kurz geratene Lederschürze aus. Schürzen sind Bestandteil vieler alter Handwerkstrachten. Schmiede, Zimmerleute, Gärtner, Köche und Weinbauern tragen sie. Natürlich gehören Schürzen auch zur Grundausstattung jeder braven Hausfrau.
Und trotzdem ist die Schürze des Bergmannes etwas ganz besonderes! Sie wird nämlich seit nunmehr 500 Jahren als einzige Schürze verkehrt herumgetragen. Und darauf sind wir Bergleute sogar noch stolz!
Der Grund dafür liegt darin, dass früher die Bergleute ihre Arbeit oft stundenlang am nassen Gestein sitzend verrichten mussten. Das Leder war also ein Schutz vor Nässe und Kälte.
Beim Antritt in den Bergmannsstand wurde als Zeichen der Zugehörigkeit das Anfahrleder verliehen. Jeder Bergmann musste dieses Leder gut behüten, es war eine Art Mitgliedsbestätigung, die viele Vorteile des Standes mit sich brachte. Beging ein Bergmann unehrenhafte Handlungen, wurde er aus der Knappschaft ausgeschlossen. Dabei wurde ihm das Leder abgebunden und er wurde mit Schimpf und Schande davongejagt.
Jemanden das Arschleder abbinden hieß also, ihn seiner Ehre verlustig erklären.
Ein, an einer langen Stange befestigtes Arschleder galt in früheren Zeiten als Zeichen des Aufruhres. Wenn es von einem Haufen grimmig dreinblickender Bergleute vorangetragen wurde, so hatte dies für die Gewerken oder Bergbeamten nichts Gutes zu bedeuten. Alle erschauderten vor diesem Anblick!
Weil sich Bergleute gerne schmücken, hat es früher für jeden Stand des Bergvolkes ein eigenes Arschleder mit den entsprechenden modischen Accessoires gegeben. Je höher der Rang, desto prächtiger und größer war das Leder.
An der Spitze des Bergvolkes standen die Gewerken als Besitzer und die Berghauptleute als ranghöchste Beamte. Bei diesen honorigen Herren war das Leder mit grellfarbiger Seide gefüttert und am Rand mit einer breiten Goldborte verziert. Die mittleren Klassen, dazu würde man heute Betriebsleiter und Meister zählen, mussten mit einem ungefütterten Leder, das lediglich mit einer silbernen Rundschnurverziert war, vorliebnehmen. Alle anderen Mitglieder der Knappschaft hatten im wahrsten Sinne des Wortes das Nachsehen. Sie durften nur das schwarze schlichte Leder ohne irgendwelchen Zierrat tragen.
Höherrangige Bergleute hatten üblicherweise mindestens 3 verschiedene Arschleder in ihrer Garderobe:
Das zu Beginn des Bergmannslebens verliehene etwas schmuckere Anfahrleder, das schlichtere Alltagsleder für den täglichen Gebrauch sowie als Höhepunkt das mit allen modischen Schikanen ausgestattete Paradeleder.
Kaum bekannt dürfte sein, dass das Arschleder auch als eine Art Musikinstrument verwendet wurde. Bergmusiker in Sachsen haben das Leder zusammengerollt und fest hineingeblasen. Die Tonskala reichte angeblich vom Röhren eines Hirsches bis zum Furz eines verdienten Bergmanns.
Nun aber wieder zu einer wesentlich ernsteren Bedeutung des Leders. Das Arschleder war Bestandteil wichtiger Rechtsakte. Früher wurde eine Abbauberechtigung im Rahmen des sogenannten Erbvermessens vergeben.
Dieser Rechtsakt lief folgender Massen ab:
Die Bergbeamten kamen in bergmännischer Festtracht hoch zu Ross zum neu gefundenen Erzgang. Der Gewerke kam ebenfalls in Festtracht, jedoch mit Kutsche. Der Rest des Bergvolkes, die gemeinen Bergleute, musste zu Fuß zum neuen Bergbau gehen. Alle stellten sich in einem Kreis um den gefundenen Neuaufschluss auf. Die Bergbeamten mussten die Dicke des Erzgangs vermessen und daraus die Vermessungs- oder Verleihungsgebühr festlegen. Bis hierher würde eine heutige Verhandlung mit Ortsaugenschein auch nicht viel anders verlaufen. Lediglich der Berghauptmann und der Geschäftsführer würden nicht mehr hoch zu Ross, sondern mit standesgemäßer Benzinkutsche anreisen. Das gemeine Bergvolk würde natürlich mit deutlich kleineren Benzinkutschen vor Ort erscheinen.
Aber früher geschah bei der Bezahlung der Vermessungsgebühr etwas für uns ganz Unerwartetes:
Alle Alle anwesenden Bergleute stellten sich im Kreis auf und der Bergbeamte legte in die Mitte des Kreises sein Arschleder. Mittels eines rasch erstellten mündlichen Bescheides wurde der Gewerke zur Bezahlung der Verleihungsgebühr verdonnert. Der Gewerke musste sofort den geforderten Betrag in Form von Münzen auf das sich in der Mitte befindliche Arschleder erlegen.
Und nun kommt das Unglaubliche:
Der Bergbeamte nahm einen Teil der Münzen und warf sie den anwesenden Bergleuten zu. Dann nahm der Bergbeamte noch einige Hände voll Münzen und lud die gesamte Versammlung zu einer Vermessmahlzeit mit anschließendem Gelage ein. Lediglich das Geld das übrig blieb, wurde durch die Bergbehörde an die stattlichen Stellen abgeliefert.
Diese Form der Verhandlungsführung sollte möglichst rasch wiedereingeführt werden. Denn dadurch ist sichergestellt, dass alle Beteiligten nach Abschluss des Rechtsakts, glücklich mit vollen Taschen und Bäuchen nach Hause gehen. Leider findet man im aktuellen Berg- oder Gewerberecht keine derartigen Bestrebungen!
Im Zuge der Vermessungsmahlzeit wurde auch eine Art Bescheid erlassen. Das Arschleder, auf das zuvor das Geld gelegt wurde, wurde vom Berghauptmann zerschnitten. Jeder Anwesende bekam sofort ein Stück als Zeichen der Teilnahme am Verleihungsakt. So einfach könnte man unsere heutigen Probleme mit komplizierten Postwegen, langen Bearbeitungszeiten und hohen Stempelgebühren lösen. In früheren Zeiten war ein erfolgreiches Bergbauunternehmen nicht durch Ordner voll mit gültigen oder weniger gültigen Bescheiden, sondern durch einen Sack mit möglichst vielen Arschlederstückchen charakterisiert.
Für die Bergleute ist es somit auch heute noch eine große Ehre und Auszeichnung beim Ledersprung über ein so geschichtsträchtiges, aber auch immer wieder verkanntes Kleidungsstück springen zu dürfen!
Der Ledersprung
Der Ledersprung gilt zweifellos als der feierliche Höhepunkt jeder Barbarafeier.
Vielleicht konnte schon jemand von Ihnen den Metzgersprung am Salzburger Residenzplatz beobachten. Die frischgebackenen Metzgergesellen springen nach einem öffentlichen Gelöbnis zu ihrem Berufsstand in einen wassergefüllten Bottich. Dadurch werden sie symbolisch von den Sünden der Lehrzeit reingewaschen. Anschließend beweisen sie Mut und Kraft beim Schwingen der mehr als 60kg schweren Zunftfahne.
Auch unser geschätzter Ledersprung entspringt dieser Tradition mittelalterlicher Zünfte. Seine Wurzeln liegen vermutlich im sächsischen Erzgebirge.
Die heute bei uns übliche Form des Ledersprunges kam 1848 vom tschechischen Schemnitz nach Österreich. Im Zuge der damaligen Unruhen mussten die deutschsprachigen Bergbauprofessoren mit ihren Studenten die Bergakademie Schemnitz verlassen. Auf Einladung von Peter Tuner fanden sie Aufnahme in der montanistischen Lehranstalt in Vordernberg nahe Leoben.
Das von ihnen mitgebrachte bergmännische Brauchtum, wie der Ledersprung, aber auch ihre schwarzen Bergkittel verbreiteten sich rasch in allen österreichischen Bergbaurevieren.
Wie läuft nun ein traditioneller Ledersprung ab?
Der Ledersprung lässt sich grob in 3 Abschnitte gliedern:
Nämlich in die Befragung des Kandidaten, in das Leeren des Glases und schließlich in den Sprung über das Leder.
Die Befragung nach Name, Herkunft und Stand ist ein öffentliches Bekenntnis zur Heimat und zum Berufsstand. Die im Anschluss vorgetragenen Sprüche sind meist mehr originell gedacht, als ernst gemeint.
Das Leeren des Glases soll die Lebenslust des neuen Bergmannes ausdrücken. Wobei natürlich das „Ex“ vor dem Sprung vom Publikum mit Nachdruck eingefordert werden darf.
Der Sprung über das Leder ist schließlich der Kern des Rituals:
Er symbolisiert den beherzten Eintritt in den neuen Stand, der große Gefahren mit sich bringen kann. Der Sprung bedeutet Mut. Mit beiden Füßen zugleich springt man in den neuen, freigewählten Stand, der kein Stolpern verträgt, wohl aber rasche Entschlossenheit und Tatkraft verlangt.
Die Bergleute aller sozialen Stufen verstehen sich als Schicksalsgemeinschaft. Dies wird dadurch ausgedrückt, dass der älteste anwesende Bergmann sowie der höchst rangige Behördenvertreter das Leder für den Sprung bereithalten.
Wo werden heute noch in alter, bergmännischer Tradition Ledersprünge gefeiert?
Natürlich in den traditionellen, aktiven Bergbaubetrieben. Nach dem erfolgreichen Ablegen der Häuerprüfung wird der Kandidat mit dem Ledersprung offiziell in den Bergmannsstand aufgenommen.
Große Ledersprünge finden jährlich an den Bergbauuniversitäten wie Leoben, Clausthal, Freiberg, Krakau, Miskolc oder Laibach statt. Jeder junge Student wird zum Ledersprung eingeladen.
Nach absolvierter Prüfung samt feuchtfröhlicher Feier hat er dann das Recht, als Jungbergmann seinen Bergkittel mit Stolz zu tragen.
Der Ledersprung ist ein wichtiges Ereignis im Studentenleben, an das wir uns gerne zurückerinnern. Und darin liegt eine gewisse Verpflichtung für uns Bergleute. Wir sollten in unserem aktiven Berufsleben, diese Freude auch jungen Berufskollegen zukommen lassen!
Ein weiterer Bereich, in dem noch aktiv Ledersprünge abgehalten werden, ist jener der Knappen- und Traditionsvereine. In diesen Vereinen treffen sich klassische Bergleute, Vertreter von Institutionen und Firmen mit Personen, die aus den unterschiedlichsten Motiven am Bergbau interessiert sind und sich offen zum Bergbau bekennen. Neben der Pflege von Freundschaft und Geselligkeit werden intensiver Erfahrungsaustausch und gegenseitige Wertschätzung im Vereinsleben als besonders wichtig angesehen.
Natürlich sind Ledersprünge dabei ein wichtiges, verbindendes Element!
Eines dürfen wir aber keinesfalls vergessen:
Der Ledersprung ist und bleibt eine bergmännische Tradition, nämlich unsere!
Er darf keines falls zu einem leeren, folkloristischen Event verkommen! Ein Heimatabend mit Hansi Hinterseer Songs ist defintiv etwas anderes!!!